DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
06.–23.10.2016

Paul Sharits

„Destroy destroy“, skandiert die Off-Stimme in Sharits' Flicker Film T,O,U,C,H,I,N,G, der mit physischer Wucht François Mirons Filmessay über den Filmavantgardisten Paul Sharits eröffnet. Doch jenseits von Autodestruktion vermittelt sich eine Art schmerzliche Schönheit, das Leitmotiv in Mirons intelligenter Verknüpfung von Sharits' Leben und Werk.

Es ist Mirons Verdienst, einen der zentralen Protagonisten des Expanded Cinema vom Stigma einer verkopften Nischenkunst zu befreien. Mirons Film lässt uns vielmehr Sharits ganz neu entdecken als bahnbrechenden visuellen Grundlagenforscher, dessen Arbeit mitten aus seinem gefährdeten Leben entspringt, aus einer tiefen Sehnsucht nach Schönheit, Sinn und Ordnung.

Für viele Wegbegleiter, die Miron zu Wort kommen lässt, war Sharits' Universum aus Licht, Farbe und Struktur eine quasi-religiöse Offenbarung. Miron macht dies erfahrbar, indem er faszinierende Einblicke in Sharits' „Filmwerkstatt“ eröffnet. Mit den Möglichkeiten digitaler Bildgestaltung macht er die Ideen hinter den Filmen und den Prozess ihrer physischen Umsetzung sichtbar. Die Fülle der Zeichnungen, Pläne, Skizzen und Notizen, auf die Miron zurückgreifen konnte, werden dabei zum gleichberechtigen Ausdruck von Sharits künstlerischen Strategien, die ihn über den strukturellen Film hinaus in einen größeren kunsthistorischen Kontext stellen. Miron zeigt die Verbindungen etwa zur Pop Art auf, zum Minimalismus, zu Fluxus, aber auch zur russischen und europäischen Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts.

(sh)

François Miron

François Miron begann 1982 als Filmemacher und arbeitete damals ausschließlich mit Emulsionstechnik (für Film und nicht Video). Seine frühen Projekte umfassen mehrere experimentelle Kurzfilme, die allesamt unter Anwendung eines von ihm entwickelten Bildbearbeitungsverfahrens entstanden: Optisches Printing. 1990 schloss er sein vollständig durch ein Stipendium finanziertes Filmstudium an der School of The Art Institute Of Chicago ab. Seit 1993 lehrt er die Fächer Optisches Printing, Kinematografie, Filmkunst und Filmtechnik an der Mel Hoppenheim School Of Cinema in Montreal. 2007 stellte er The 4th Life fertig, ein 35-mm-Spielfilmprojekt, das er gemeinsam mit James Galwey erarbeitet hatte. 2008 gewann er einen Juno Award für das Cover-Foto des Arcade-Fire-Albums Neon Bible – extrahiert aus Bildmaterial, das er mit 16-mm-Schwarz-Weiß-Film und Farbumkehrfilm erstellt hatte. Im selben Jahr wurde er für seinen abstrakten Tanzfilm Hymn to Pan mit dem vom Conseil des arts et des lettres du Québec verliehenen Prix a la creation artistique ausgezeichnet.