DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
06.–23.10.2016
Santa Teresa y otras historias
Roberto Bolaños posthum erschienener Jahrhundertroman 2666 über die unaufgeklärte Mordserie an Frauen in Mexiko ist eine atemberaubende Reise ins finstere Herz der modernen Welt. Die Handlungsfäden des labyrinthischen Werks, das als „wildes, hoch experimentelles Ungetüm“ (Daniel Kehlmann) gepriesen wurde, kreuzen sich in der fiktiven mexikanischen Wüstenstadt Santa Teresa im Grenzgebiet zu den USA, deren reales Vorbild die Grenzstadt Ciudad Juárez ist. Basierend auf einem Kapital des Romans schuf der junge dominikanische Regisseur Nelson de los Santos Arias ein filmisches Paralleluniversum, das nicht nur Bolaño-Leser zu fesseln vermag. Arias' assoziative Filmsprache zieht viele formale Register: abstrakte Bildausschnitte, die wie von einer verschleppten Geisel mit versteckter Kamera gedreht erscheinen, wechseln sich mit ruhigen, poetischen Einstellungen ab, deren Bedeutung sich erst allmählich entfaltet; die Übergänge zwischen Schwarzweiß und Farbe, zwischen mexikanischen Schlagern und Opernarien, zwischen ausgebleichten und farbstichigen Passagen bilden Entsprechungen zu den zahlreichen stilistischen Wechseln in Bolaños Werk. Mit seinen suggestiven Kontrasten entfaltet dieser dokumentarische Film noir einen faszinierenden audiovisuellen Raum. Der übermächtigen Metapher der Grenze setzt Santa Teresa y otras historias eine dezidiert „südamerikanische“ ästhetische Position entgegen. In dem undurchsichtigen Geflecht aus Erotik, Bedrohung und Gewalt entsteht eine poetische Reflektion, die anhand von Bolaños vielgestaltigem Text einen Chor von geisterhaften Stimmen orchestriert.
(sh)
Nelson Carlo de los Santos Arias
Nelson Carlo De Los Santos wurde 1985 in Santo Domingo geboren. Nach seinem Abschluss in „Creative Writing and Media Arts“ an der Iberoamericana University studierte er ab 2006 Kinematographie in Buenos Aires. Im Rahmen seines Studiums am College of Art in Edinburgh wandte er sich ersten experimentellen Filmprojekten zu. Sein Film SheSaid HeWalks wurde 2009 mit dem BAFTA für den besten experimentellen Kurzfilm ausgezeichnet. Sein zweites Werk Should We Go Home? wurde bei diversen Filmfestivals sowie bei der Bienal de São Paulo vorgeführt und in die ständige Sammlung der Film Makers Cooperative in New York aufgenommen. De Los Santos Arias verfügt zudem über einen Abschluss in Film/Video vom California Institute of the Arts. Für seinen ersten Spielfilm, Cocote, wurde ihm von der Fundación Carolina in Madrid der begehrte Status des Artist-in-Residence im Bereich Drehbuchschreiben zuerkannt. Der Film wurde vom World Cinema Fund der Berlinale gefördert.