Going to Mars - The Nikki Giovanni Project

Die Dichterin und Aktivistin Nikki Giovanni (1943) gilt in den USA als lebende Legende. Seit über 50 Jahren verleiht sie mit ihrem Werk der afroamerikanischen Erfahrung eine starke, generationsübergreifende Stimme. Doch wie erzählt man die Geschichte einer provokanten Künstlerin, einer Historikerin, die Geschichte in Frage stellt, einer Persönlichkeit, die ihre Biografie nicht vereinnahmen lässt? Joe Brewster und Michèle Stephenson haben die Herausforderung angenommen und mit großem Einfallsreichtum und künstlerischer Offenheit ein Porträt geschaffen, das der radikalen Vorstellungskraft der Poetin Rechnung trägt. Die Filmemacher setzen dabei auf verschiedene dokumentarische Mittel, Cinéma vérité, umfangreiches Archivmaterial und die visuelle Umsetzung der Gedichte. Zusammengefügt werden die filmischen Elemente ohne aufgesetzte narrative Hierarchie, durch brillante Montagearbeit und die polyrhythmische Filmmusik. Die Gleichwertigkeit der Elemente und die Aufgabe einer linearen Erzählweise geben dem Filmtitel „Going to Mars” eine weitreichende Bedeutung: die Filmemacher zitieren in ihm nicht nur ein Gedicht Giovannis, sondern verweisen zugleich auf ihren Versuch einer konkreten filmischen Umsetzung der im Gedicht enthaltenen poetischen, politischen und persönlichen Forderung nach anderen Erzählern, Erzählungen und Erzählweisen: „The trip to Mars can only be understood through Black Americans“.
„Going to Mars: The Nikki Giovanni Project” wurde beim Sundance Film Festival 2023 mit dem Großen Preis der Jury (Wettbewerb US-amerikanischer Dokumentarfilm) ausgezeichnet.

Joe Brewster und Michèle Stephenson

Joe Brewster

Joe Brewster ist ein in Harvard ausgebildeter Psychiater, der seine Ausbildung nutzt, um sich den sozialen Themen zu nähern, mit denen er sich als Künstler und Filmemacher auseinandersetzt. Brewster schrieb und inszenierte seinen ersten Film, "The Keeper"(1995), nachdem er zwei Jahre lang als Gefängnispsychiater im berüchtigten Brooklyn House of Detention tätig war. "The Keeper"wurde auf den Festivals von Edinburgh, Toronto und Sundance gezeigt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. In den letzten drei Jahrzehnten war er als Produzent und Regisseur bei narrativen und Dokumentarfilmen sowie im Bereich immersiver Medien tätig. Sein Dokumentarfilm "American Promise" (2013) wurde für drei Emmys nominiert und gewann den Jurypreis beim Sundance Film Festival. Im Jahr 2022 produzierte Brewster O-DOGG: An Angeleno Take on Othello mit Tariq "Black Thought" Trotter für das Oregon Shakespeare Festival. Seine bahnbrechende raumgreifende Produktion wurde auf dem Sundance Film Festival uraufgeführt und erhielt 2021 auf dem Tribeca Festival den Preis der Jury für das beste immersive Erlebnis.

Michèle Stephenson

Die Filmemacherin, Künstlerin und Autorin Michèle Stephenson schöpft aus ihren haitianischen und panamaischen Wurzeln und ihrer Erfahrung als Anwältin für soziale Gerechtigkeit, um radikal über das Erzählen von Geschichten nachzudenken und die Vorstellungswelten nicht-fiktionaler Räumen zu durchbrechen. Sie erzählt emotionsgeladene persönliche Geschichten über Widerstand und Identität, in deren Mittelpunkt die gelebten Erfahrungen von PoC-Communities in Amerika und der Diaspora stehen. Ihr Dokumentarfilm "American Promise" (2013) erhielt drei Emmy-Nominierungen und gewann den Jurypreis beim Sundance Film Festival. "Stateless" (2020) wurde für den kanadischen Academy Award für den besten Dokumentarfilm nominiert. Zuletzt arbeitete Stephenson als Co-Regisseurin an der magisch-realistischen Virtual-Reality-Trilogie über Rassenterror, "The Changing Same", die für einen Emmy in der Kategorie herausragende interaktive Medieninnovation nominiert wurde und auf dem Sundance Film Festival Premiere hatte.