DOKUARTS
Zeughauskino Berlin
4.-21. Oktober 2018

I've Got the Blues

Wenn es noch Renaissancemenschen gibt, dann ist der in Hongkong lebende Künstler Yank Wong (Wong Yankwai), der in den 1970ern seine künstlerische Ausbildung in Frankreich erhielt, einer davon. Sich selbst sieht der Musiker, Autor, Set Designer, Fotograf und Aktivist jedoch vor allem als Maler. Seine abstrakten Bilder zeichnen sich durch ihre meisterhafte Farbgebung aus, mehr aber noch durch den freien Geist, mit dem sie sich der Tradition ebenso entziehen wie den Ansprüchen des marktorientierten Hongkong. Überhaupt scheint Wong eine diebische Freude am Versteckspiel zu haben. Das bekommt auch die Filmemacherin und langjährige Freundin Wongs Angie Chen zu spüren, deren Fragen er allzu gerne sabotiert. Aber sie ist eine ebenbürtige Gegenspielerin. Mehr als einmal geraten die beiden im Laufe der Dreharbeiten aneinander, und es ist ein wahres Glück, dass Chen sich dafür entschieden hat, ihre Auseinandersetzungen zum Kernstück des Films zu machen.

I’ve Got the Blues handelt von Kunst und ihrer möglichen Eigenständigkeit, aber auch von Musik, von Wein, von Freundschaft und Gemeinschaft: immer wieder führt der Film uns an wunderbare Orte des Zusammentreffens, etwa den in einer Seitengasse gelegenen Club 71, und zeigt dabei Ausschnitte einer vitalen Subkultur. Wie ein Puzzle entsteht so das Portrait eines hier noch zu entdeckenden Malers. Nach seiner Motivation gefragt antwortet Yank Wong: „To help people suffer“ - er tut dies mit einer Haltung irgendwo zwischen Humanismus und Schelmentum.

(ab)

Angie Chen

Angie Chen (geboren in Shanghai, 1949) studierte an der University of Iowa und machte einen Bachelor- und Masterabschluss in Kommunikation. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie in Film und Fernsehen und erlangte einen weiteren Masterabschluss in als Filmemacherin an der UCLA. Nachdem sie bei dem Kurzfilm Der Besuch (1979), der von dem Toronto Super 8 Film Festival ausgezeichnet wurde, Regie führte, arbeitete sie an Liu Chiachangs The Flag (1981) mit. Daraufhin wurde sie in der Filmindustrie von Hong Kong tätig und arbeitete als Regieassistentin unter anderem bei Jackie Chan’s Dragon Lord (1982). Begierig Regie zu führen, wandte sich Chen an Mona Fong, Direktorin von Shaw Brothers, und erhielt die Möglichkeit, die Regie von May Be It’s Love (1984) und My Name Ain’t Suzie (1985) zu übernehmen. Letzterer gewann den Preis für die beste Nebendarstellerin bei den Hong Kong Film Awards (1986). Nach der Vollendung von Chaos by Design (1988) entschied sich Chen, sich auf die Produktion von Werbefilmen zu konzentrieren und genoss eine erfolgreiche Karriere in der Branche.
Nach einer Abwesenheit von 20 Jahren kehrte Chen zu Produktionen in Spielfilmlänge zurück und führte Regie bei den Dokumentarfilmen This Darling Life (2008, nominiert für die Golden Horse Awards) und One Tree Three Lives (2012), das beim Hong Kong International Film Festival Premiere feierte und später von der Hong Kong Film Critics Society als empfohlener Film ausgezeichnet wurde.