DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
10.09.–12.10.2014

A Deusa Branca (The White Goddess)

Der brasilianische Künstler, Ingenieur und Architekt Flávio de Carvalho (1899-1973) machte immer wieder mit provokanten Aktionen auf sich aufmerksam. 1931 ging er mit bedecktem Haupt einer Fronleichnamsprozession entgegen, 1956 spazierte er im Rock durch São Paulo. Ein Zeitungsbericht über eine von Indios in den Amazonas verschleppte weiße Frau brachte ihn Ende der 1950er Jahre auf die Idee für seinen ersten Spielfilm. Der Dokumentarfilm A Deusa Branca (Brasilien, 2013) von Alfeu França schildert anhand von Originalaufnahmen die Reise des Künstlers mit seiner Filmcrew in den Amazonas. Flávio De Carvalho castete zwei Schauspielerinnen für die Hauptrolle und schloss sich einer Expedition in die Tiefen des Urwalds an. Obwohl er sein Unternehmen minuziös plante, hatte er kein Drehbuch. Er hofft, der Film würde sich aus dem aufgezeichnetem Material ergeben. Ziel der Expedition ist das Dorf eines gefürchteten Kannibalenstamms. Die Begegnung verläuft überraschend friedlich. Die Xirianã laden sogar zu einem Bankett mit hunderten von gegrillten Affen ein. Flávio De Carvalho begeistert sich für das Leben im Urwald, untersucht Orchideen, nimmt Froschlaute auf und verfasst ein Wörterbuch der Eingeborenensprache. Er ist erfüllt von Freude und Lust, schreibt er hinterher. Das Filmprojekt, gedacht als Mischung aus Reisebericht, enthnografischer Forschung und surrealistischem Spielfilm, wird immer mehr zur Nebensache. Als Flávio de Carvalho eine Affäre mit einer der Schauspielerinnen eingeht, die auch dem Expeditionsleiter den Kopf verdreht, kommt es zum Streit. Auf der Rückreise bricht die Gruppe auseinander. Die Arbeit am Film wird eingestellt. Zurück auf seiner Fazenda außerhalb von São Paulo hat Fláva de Carvalho längst andere Projekte. Das gefilmte Material liegt jahrzehntelang in Aludosen und wird Zeit seines Lebens nie eine Form finden.

Alfeu França

Der Filmemacher Alfeu França produziert seit 1998 Dokumentarfilme. Er konzentriert sich auf historische Ereignisse, die nicht mehr Teil des kollektiven Gedächtnisses sind, es uns jedoch ermöglichen, Parallelen zu drängenden Themen von heute zu ziehen. Seine Filme, wie The Awakening of a Giant (2008), Collyer Brothers (2006) und Ota Benga – A Pygmy in America (2002), basieren hauptsächlich auf Archivmaterial und wurden auf Festivals in aller Welt gezeigt, wie dem FIDMarseille (Frankreich), It's All True (Brasilien) und dem Margaret Mead Film Festival (US). França hat außerdem Filmreihen für große Kunstzentren in Brasilien kuratiert und ist seit 2011 als Kurator beim Rio de Janeiro International Short Film Festival tätig. Er lebt und arbeitet in Rio de Janeiro, Brasilien.