DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
10.09.–12.10.2014
Gore Vidal – The United States of Amnesia
Nicholas Wrathalls preisgekrönter Dokumentarfilm ist ein faszinierendes Porträt des amerikanischen Schriftstellers und Intellektuellen Gore Vidal (1925–2012), der als geistreicher und scharfsinniger Kommentator die US-amerikanische Politik über ein halbes Jahrhundert begleitet hat. Vidal schrieb Bestseller-Romane und Broadway-Stücke, publizierte Essays in den wichtigsten Zeitschriften und arbeitete als Drehbuchautor für Film und Fern sehen. Wrathalls Film, eine Mischung aus Archivmaterial und Original-Interviews mit Vidal und seinen Kollegen, dokumentiert Leben und Werk des amerikanischen Intellektuellen und rekapituliert damit auch mehrere Jahrzehnte amerikanischer Geschichte – angefangen vom Zweiten Weltkrieg bis hin zur Präsidentschaft von Barack Obama. Vidal war dafür bekannt, Amerikas als Selbstzweck dienende Mythen zu entlarven und querdenkerische, häufig umstrittene Meinungen zu vertreten – und dies insbesondere zu einer Zeit, da sich Amerika seiner Ansicht nach von einer Republik zu einem kriegstreiberischen Imperium bzw. von einer Demokratie zu einem Sicherheitsstaat wandelte, dem bürgerliche Freiheiten gleichgültig waren. Als Nachfahre und Freund vieler renommierter Politiker kandidierte Vidal zwei Mal für einen Sitz im Kongress, konnte jedoch seine politischen Ambitionen nie verwirklichen – was wohl nicht zuletzt mit seiner Homosexualität und seinen unverhohlenen Ansichten zur Lage der Nation zu tun hatte. Die Dokumentation mit dem Untertitel The United States of Amnesia erinnert an eine Figur, die sich mit Verve für ein Land engagierte, das noch viele Lehren zu ziehen hat – eine Figur, die fortwährend auf die Kluft zwischen den Gründungsidealen der USA und ihren häufig verstörenden Realitäten hingewiesen hat.
Nicholas Wrathall
Nicholas Wrathall ist preisgekrönter Regisseur und Produzent. Bekannt wurde er durch seine Dokumentation Abandoned: The Betrayal of America's Immigrants (2001), die den Alfred I. duPont-Columbia University Award gewann. Neben Dokumentationen in Spielfilmlänge dreht und produziert Wrathall Kurzdokumentarfilme zu sozialen Themen. Zu seinen letzten Werken zählen Endless Caravan (2002), Haitian Eksperyans und The Modern Gulag. Wrathall lebt und arbeitet in Los Angeles.