DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
10.09.–12.10.2014

Michael H. Profession: Director

Der Österreicher Michael Haneke ist einer der bedeutendsten und zugleich kontroversesten Filmregisseure Europas. Seine zutiefst intellektuellen Filme erkunden die Wurzeln der Gewalt in der menschlichen Psyche und stellen gleichzeitig das Vergnügen in Frage, das wir bei der Betrachtung von Gewaltszenen auf der Bühne oder der Leinwand empfinden. Haneke tut dies eher mit einem philosophischen denn soziologischen Blick, und einer der Gründe, weshalb seine Filme als „kontrovers“ gelten, liegt darin, dass keiner von ihnen leicht zu deuten ist.

Auf den ersten Blick scheint es daher nur gut, dass er dem Independentregisseur Yves Montmayeur erlaubt hat, einen Film über ihn zu drehen. Problematisch dabei ist nur, dass sich Haneke zwar gern über andere Filmemacher äußert, sich aber einer Diskussion über die Bedeutungen und Intentionen seiner eigenen filmischen Arbeiten konsequent verschließt. Dies sei Aufgabe der Kritiker, sagt er. Was die Interviewer angeht, so zeigt er sich nicht geneigt, ihnen die Arbeit zu erleichtern.
Glücklicherweise erweist er sich im Laufe des Films in dieser Sache doch weniger zugeknöpft, als er vorgibt. Haneke mag nicht gewillt sein, „Deutungen“ zu liefern, dafür ist er aber sehr mitteilungsfreudig, was die praktischen Aspekte seiner Kunst angeht, und findet besonderes Vergnügen darin, die Geheimnisse seines Berufs freimütig und humorvoll offenzulegen. Kurz gesagt, er ist ein geborener Pädagoge.
Es gibt eine Menge „Making-of-Filme“ auf dem Markt, aber nur wenigen gelingt es wie diesem, einen echten Erkenntnisgewinn zu vermitteln. Bei jedem der sechs oder sieben Filme Hanekes geht Montmayeur hinter die Kulissen und erlaubt uns, bei den Proben oder Dreharbeiten einzelner Szenen zugegen zu sein. Zusätzlich steuern Schauspielerinnen wie Isabelle Huppert oder Schauspieler wie Jean-Louis Trintignant eigene lebhafte Anekdoten bei. So entsteht nach und nach das Bild eines komplizierten, leidenschaftlichen und hochprofessionellen Künstlers, bis man am Ende des Films versteht, weshalb die Menschen, die mit Haneke arbeiten, ihn so sehr bewundern.

Yves Montmayeur

Yves Montmayeur ist Regisseur, Journalist und Musiker aus Frankreich. Seit 1999 dreht er Dokumentarfilme über Regisseure und ihre Filme und konzentriert sich dabei auf das Kino aus Hong Kong, Südkorea und Japan. Zu seinen Filmen gehören weiterhin Porträts über charakterstarke Persönlichkeiten wie Michael Haneke, den Kameramann Christopher Doyle und die italienische Schauspielerin und Regisseurin Asia Argento. Als Filmkritiker arbeitete Montmayeur u. a. für die Zeitschriften Le Cinéphage, 7 in Paris, Bref und Nosferatu und war zudem für das TV-Magazin Le Journal de Cinéma tätig. Seit 1998 dreht er regelmäßig Reportagen zu Themen aus Kino, Musik und visueller Kunst für das ARTE-Magazin Tracks.